Vorsichtiges Hoffen

Pure Freude, sollte man meinen. Leichtigkeit und erlöstes Lachen. Aber mir fehlen Erfahrungen der ersten Freundinnen und Freunde von Jesus. Sie haben ihn gekannt, fanden ihn wieder in Zeichen und Gesten, konnten sich zögerlich davon überzeugen, dass er es wirklich ist. Sie hörten Worte aus seinem Mund, übernahmen seinen Auftrag und die Geistkraft Gottes kam auf sie herab. Mir, Mensch im Jahr 2021 ist das alles nicht passiert. Es ist mir überliefert worden. Menschen, denen ich ihre Überzeugung abnehme, haben mir es auf den Weg gegeben und ins Herz geschrieben. Auch ER selbst, wird seinen Teil dazu beigetragen haben.

Am Ostertag selbst war es so:

Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Mágdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Sálome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben. Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß. Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wohin man ihn gelegt hat. Nun aber geht und sagt seinen Jüngern und dem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.

Sie erschraken, heisst es hier. Und ein anderer Evangelist erzählt sogar, dass nach einem gewaltigen Erdbeben ein Engel vom Himmel kommt, den Stein fortwälzt und sich darauf setzt. Die Wächter erbeben vor Furch und sind wie Tot. Alle können es nicht fassen. Sie spüren: hier geschieht Unerhörtes! Es sind Frauen, die sich auf den Weg machen; nicht in der Hoffnung Jesus lebend zu finden, sondern um ihm eine letzte Ehre zu erweisen. Diese Frauen kennen ihn wohl so gut wie sonst niemand und waren zum Teil von Anfang an mit ihm unterwegs. Dass es jetzt heisst "Jesus ist auferstanden!" können sie erst nicht fassen. Auch die Apostel meinen, das sei nur Geschwätz und Petrus eilt selbst zum Grab - nicht um es zu betreten, sondern sich nur vorzubeugen - um Gewissheit zu bekommen.

Aber die pure Osterfreude passiert dort noch nicht. Es ist eher ein vorsichtiges Hoffen, dass Unmögliches möglich wird. Mir ergeht es ähnlich. In der Theorie weiss oder glaube ich Manches: Jesus ist auferstanden, er geht uns voraus, der Tod ist ein Neubeginn, Gottes neue Welt ist für uns bestimmt... Aber in der Praxis mache ich eben diese rein menschlichen Erfahrungen: Schmerzen, Leiden, Unrecht, Gewalt und vor allem Tod gibt es noch immer. Ich weiss nicht, was kommt, ich hoffe und versuche zu glauben - mal mehr, mal weniger stärker.

Es macht mir Mut, dass es die Frauen sind, die das richtige Gespür haben und dass der doch so glaubensstarke Fels in der Brandung, Petrus, richtig versagt hat und Jesus genau so verraten hat, wie es ein Judas tat. Und dann fehlt ihm der Mumm in den Knochen, um wenigstens ins Grab hineinzugehen. Wenn Jesus auf solche Menschen gesetzt hat: Leute die menschlich sind und keine Glaubenshelden, die Fehler und Versagen haben und daraus lernen, dann fühle ich auch diese vorsichtige Hoffnung. Mit dem heutigen Ostersonntag wird nicht einfach alles verschwinden, was beengt, ängstig oder schwer macht. Aber es ist ein Licht aufgegangen, dass noch zaghaft am Horizont aufgeht und einmal zur Sonne wird, die den Tag erhellt. Dann wünsche ich mir, dass diese Licht weiterleuchtet und meine und unsere Wege deutlicher und klarer werden lässt.

df

Gebet

(Nordkirche - zum Monatslied April)

Ewige, meine Sehnsucht ist groß nach Tanzen und Lachen, in die Arme nehmen und zusammen feiern ...

Und dann sind da die Toten: in den Wohnungen und Häusern, auf den Stationen der Krankenhäuser und Pflegeheime, auf der Flucht, im Wasser, auf den Inseln.

Mit den Frauen gehen wir in der Dunkelheit zum Grab, trauern wir um alles Vergebliche, um alle, die gestorben sind.

Doch dann, endlich, endlich der Ostermorgen, das Licht bricht sich Bahn, die Dunkelheit weicht, das Leben siegt.

Du Gott, ewig und liebend, Dir vertraue ich alles Vergebliche, alles Tote an, dass es endlich, endlich zu neuem Leben erwache, in Deiner Gegenwart und Liebe, in meiner Seele, in meinem Dorf, meiner Stadt, meinem Land, auf der ganzen Welt. Amen

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